Die Resilienzforschung ist noch eine ziemlich junge Disziplin. In den 50er und 70er Jahren begann man sich die Entwicklungspsychopathologie damit zu beschäftigen, wie die Entwicklung der Kinder durch Risikofaktoren beeinflusst wird. Denn es fiel auf, dass sich einige Kinder auch nach negativen Umständen wie Krieg, Scheidung oder Tod der Eltern positiv entwickelten. Die Kauai Studie wird dabei als älteste und bekannteste Studie zur Resilienz betrachtet.
Emmi Werner, eine amerikanische Psychologin, untersuchte zusammen mit ihrem Team auf der Insel Kauai auf Hawaii den kompletten Jahrgang 1955 – insgesamt 698 Kinder. Das Hauptziel bestand darin herauszufinden, welche Langzeitfolgen vorgeburtliche Risikofaktoren und ungünstige Lebensumstände in der frühen Kindheit auf die Entwicklung der Kinder haben. Die untersuchten Kinder wurden dafür 40 Jahre lang begleitet.
Herausgekommen ist, dass 1/3 der 698 untersuchten Kinder unter schwierigen Umständen wie chronischer Armut, erhöhtes Konfliktpotenzial und psychische Erkrankungen in der Familie lebten. Von dieser Risikogruppe gelang es aber ca. 30% Personen trotz dieser hohen Risikobelastungen sich gut zu entwickeln und im späteren Leben keine Verhaltensauffälligkeiten zu zeigen. Die anderen zwei Drittel aber entwickelten Störungen, hatten beispielsweise psychische Auffälligkeiten, gerieten eher in Konflikt mit dem Gesetz oder hatten schwere Lernstörungen in der Schulzeit.
Die Gründe für diese Befunde erklärte sich Werner mit den sogenannten protektiven Faktoren, die die Kinder widerstandsfähig machen. Dabei gibt es:
- Die inneren Schutzfaktoren des Kindes:
- relativ früh selbstständig,
- hohe Problemlösefähigkeit
- Eigenschaften, die bei den Erwachsenen positive Reaktionen auslösen
- Familiäre Schutzfaktoren:
- eine stabile Bezugsperson,
- Schulbildung der Mutter,
- Latenzzeit zum 2. Kind mehr als 2 Jahre
- Familien-externe Schutzfaktoren:
- Kontakt zu Gleichaltrigen (Peers),
- Ersatzeltern in anderen Bezugspersonen,
- Lehrer/innen als Ressource: Schule als zweites zuhause
In der Zwischenzeit gab es neuere Forschung mit grösseren Stichproben und dem Einbezug weiterer Faktoren. Diese neuen Studien stärken und ergänzen die vorliegenden Ergebnisse der Kauai Studie. Der heutige Ergebnisstand sieht so aus, dass es zwar dieselben Schutzfaktoren braucht, jedoch setzen sich diese anders zusammen:
- Personeninterne schützende Faktoren:
- Beziehungsfähigkeit, Selbstvertrauen, Selbstbild, Selbstregulation, Temperament
- Schützende Familienmerkmale:
- Sichere Beziehung zur sorgenden Bezugsperson, funktionierende Paarbeziehung der Eltern, Autoritativer Erziehungsstil: Wärme, Struktur
- Familien-externe Schutzfaktoren:
- Zugang zu positiven erwachsenen Personen ausserhalb der Familie, positive Schulerfahrung, Verbindung zu prosozialen Einrichtungen (Religion, Sport)
Die Resilienzforschung legt also dar, auf welche Eigenschaften und Fähigkeiten es bei Kindern ankommt, die sich trotz vorliegender Schwierigkeiten und Hindernisse psychisch gesund entwickeln. Vor allem neure Forschung im Bereich der Familien-Resilienz unterstützt die Annahme, dass das Eltern-Kind Beziehungssystem einen grossen Einfluss auf die Entwicklung von Resilienz hat. Die schützenden Familienmerkmale: Eine autoritative Erziehung, eine sichere Bindung und das Vorleben einer positiven Partnerschaft sind wesentliche Bestandteile, die die Resilienz in der Familie fördern können. Kinder brauchen positive Beziehungserfahrungen mit ihren Eltern, um für das Leben gestärkt zu sein. Hier bestätigt sich wieder, dass Sie aktiv etwas für die Resilienz Ihres Kindes tun können.
Was können Eltern konkret tun? Lesen Sie dazu unseren Blog Artikel: Wie kann ich die Resilienz meines Kindes fördern?
Quellen:
Kormann, G. (2007). Resilienz–Was Kinder stärkt und in ihrer Entwicklung unterstützt. Auf den Anfang kommt es an–Bildung und Erziehung im Kindergarten und im Übergang zur Grundschule. Gmünder Hochschulreihe, 27, 37-56.