Die Zunahme psychischer Erkrankungen und die steigenden Behandlungskosten in der Gesellschaft haben dazu geführt, dass sich die WHO seit Anfang des 21. Jahrhunderts zum Ziel gesetzt hat, die psychische Gesundheit Erwachsener zu fördern. Die Helsana – Emotionsstudie aus dem aktuellen Jahr 2022 zeigt, dass sich Schweizer und Schweizerinnen vom aktuellen Welt- und Wirtschaftsgeschehen gestresst und besorgt fühlen. Aber auch alltägliche Stressoren wie die Paarbeziehung, Kinder und der Job wirken sich auf das psychische Wohlbefinden aus und können zur Erschöpfung führen.
Die Resilienz Forschung hat sich bisher vor allem auf Kinder und Jugendliche konzentriert. Die Forschung spricht sich dafür aus, dass sich die Förderung der Resilienz in den frühen Lebensjahren positiv auf die psychische Gesundheit im späteren Erwachsenenleben auswirkt. Neuere Forschung hat jedoch gezeigt, dass sich die Förderung der Resilienz auch bei Erwachsenen lohnt. Resilienz können Sie in jedem Alter erlernen, auch wenn dessen Umsetzung nicht von heute auf morgen klappt.
Im Zentrum steht immer die Frage, weshalb einige Personen belastende Lebensbedingungen besser bewältige können als andere. Dabei geht es aber nicht darum sich möglichst positiv anzupassen, sondern sich der Situation entsprechend angemessen zu verhalten. Das heisst, dass auch Gefühle wie Trauer und Wut zuzulassen oder sich professionelle Hilfe zu holen, wenn man nicht mehr aus der Negativspirale herauskommt.
An Krisen wächst man
Die meisten Erwachsenen haben schon einige Krisen erlebt und auch durchgestanden. Auch die Forschung bestätigt, dass eine moderate Anzahl an Krisen die Resilienz stärkt. Nicht umsonst sagt man: An Krisen wächst man. Hier gilt es sich vor Augen zu führen, dass Sie Krisen bewältigen können, denn Sie haben es schon einmal geschafft. Auch ist es nützlich herauszufinden, was Ihnen in dieser Zeit besonders geholfen hat. Diese Ressourcen und Strategien gilt es dann zu verfeinern. Scheuen Sie sich nicht vor herausfordernden Situationen, denn so lernen Sie diese anzugehen und letztendlich zu bewältigen. Dieses Erfolgserlebnis sollten Sie verinnerlichen, denn es unterstützt Ihre Selbstwirksamkeit.
Resilienz stärken durch Selbstwirksamkeit
In erster Linie geht es darum zu lernen, dass man Dinge in die Hand nehmen und sie selbst kontrollieren kann. Menschen besitzen gerne personale Kontrolle und eine freie Entscheidung über die Gestaltung ihres Lebens. Man spricht in der Psychologie auch von innerer Kontrollüberzeugung oder Selbstwirksamkeit. Diese zwei Faktoren haben einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der inneren Widerstandsfähigkeit. Wenn Sie meinen die Situation selbst nicht beeinflussen zu können und eher die Ursache in Glück, Pech oder Schicksal sehen, dann werden Sie eine Situation schlechter verarbeiten. Diese externale Ursachenzuschreibung lässt Menschen hilflos werden, weil sie denken, die Situation nicht mehr beeinflussen zu können. Dagegen sind resiliente Menschen der festen Überzeugung, dass sie trotz widriger Umstände Handlungsmöglichkeiten besitzen, um aus einer schwierigen Situation herauszukommen. Dadurch kommen sie ins Handeln. Es ist also wichtig zu lernen, wie man diese Zuschreibungen umpolen kann. Die Zuschreibungen und Handlungsmöglichkeiten müssen aber realistisch eingeschätzt werden. Menschen neigen dazu, zu hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen. Fragen Sie deshalb einen guten Freund oder eine gute Freundin nach seiner oder ihrer Einschätzung. Das Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit wächst, wenn wir Erfolge unseren eigenen Fähigkeiten zuschreiben und andere dieses noch durch positives Feedback bekräftigen.
Resilienz stärken durch Selbstregulation
Ist es nicht erstaunlich, wie ruhig und gelassen einige Menschen in Stresssituationen sein können? Das Zauberwort nennt sich Selbstregulation. Selbstregulation bezeichnet die Fähigkeit eigene Gefühle, Gedanken und Handlungen an die Anforderungen einer bestimmten Situation anzupassen, um so die Situation unter Kontrolle zu kriegen. Sie ist auch die Fähigkeit nach einer Stresssituation wieder herunterzufahren, den Stress an sich abprallen zu lassen und sich nicht von den Emotionen überwältigen zu lassen. So ermöglicht mehr Selbstregulation uns auch mehr Entspannung und Selbstbestimmung. Dies führt auch gleichzeitig zu mehr Selbstwirksamkeit. Doch nicht alle besitzen die Fähigkeit zur Selbstregulation im gleichen Masse. Einigen ist dies bereits in die Wiege gelegt und andere können durch positive Kindheitserfahrung von einer höheren Selbstregulation profitieren. Doch auch hier ist es möglich, die Selbstregulation im Erwachsenenalter zu fördern. Schon alleine durch eine achtsame Lebensweise können wir viel für unsere Selbstberuhigung tun. Weitere Massnahmen wie Mediation und Yoga aktivieren Bereiche im Gehirn, die die Selbstregulation aktivieren und bei der Entspannung helfen. So kann Stress im Körper besser abgebaut werden. All das fördert die Resilienz, um nach einer stressigen Situation wieder seine innere Mitte zu finden. Achtung: Bei Selbstregulation kommt es auf das Mass der Regulierung an. Übermässiges Kontrollieren kann in die falsche Richtung gehen – Gefühle dann gar nicht mehr zuzulassen bewirkt nach einiger Zeit das Gegenteil von Resilienz.
Resilienz stärken durch soziale Unterstützung
Resiliente Menschen haben meist ein grösseres Netzwerk. Pflegen Sie ihre Beziehungen aktiv. Vor allem ist es wichtig Kontakt zu wohltuenden Menschen aufrechtzuerhalten, die Ihnen Kraft geben. Lösen Sie sich von toxischen Personen, die Ihnen und Ihrer Resilienz schaden. In stressigen Situationen Hilfe und Unterstützung von geliebten Menschen zu erhalten, wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aus. Schon das Wissen, dass jemand da ist, fördert die Resilienz. Resiliente Menschen haben keine Hemmungen nach Hilfe zu fragen. Wer nicht nach Hilfe fragt, lastet sich viel auf. Deshalb ist es wichtig zu lernen, wie Sie sich aktiv Unterstützung holen können.
Achtung: Viele Programme, die man im Internet findet, werben mit dem Resilienz Begriff. Doch nur wenige stützen sich auf die aktuelle Resilienz Forschung für Erwachsene, die noch ziemlich in den Anfängen steht. Deshalb sollte man solche Programme immer kritisch hinterfragen. Mit diesem Wissen, fällt es Ihnen bestimmt leichter!
Quellen:
Henninger, M. (2016). Resilienz. In Psychologie der Werte (pp. 157-165). Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-48014-4_14